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Antarktis-'Forschungsreise'              
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In der Drake-Passage - Bordleben

Dienstag, 08.01.2013 - Nachmittag

Am späten Nachmittag hält Lektor Niki Nikolaus
eine Vorlesung über die "Entdeckungsgeschichte
der Antarktis".
Im Gegensatz zur Arktis gibt es in der Antarktis
keine Ureinwohner. Das Gebiet wurde erst mit
der Entwicklung hochseetüchtiger Schiffe von Menschen betreten.

"Ab den 1950er Jahren wurden einige feste Siedlungen errichtet. Heute sind die meisten
der im Winter rund 1 000 und im Sommer bis
6 000 "Einwohner" Wissenschaftler und tech-
nisches Personal, die für einen begrenzten Zeit-
raum in den 64 Forschungsstationen arbeiten,
von denen 37 ganzjährig betrieben werden.

Ansprüche auf rd. 80% der Gesamtfläche des Gebiets südlich des 60. Breitengrads haben vor allem sieben Staaten geltend gemacht: Großbritannien (1908 bzw. 1917), Neuseeland (1923), Frankreich (1924), Australien (1933), Norwegen (1939), Chile (1940) und Argentinien (1943). Diese sich z.T. überlappenden 'historischen' Ansprüche sind völkerrechtlich nicht anerkannt; sie wurden durch den 1961 in Kraft getretenen Antarktisvertrag "auf Eis gelegt".
Dem Antarktisvertrag sind bisher 48 Staaten beigetreten, davon 28 Staaten mit Konsultativstatus (darunter Deutschland) und 20 Staaten ohne Konsultativstatus (u.a. Österreich und die Schweiz)." [Fischer Weltalmanach 2011]
Eine - na ja, brauchbare - Solo-Darbietung von Bordkünstlerin Gilda in der Lounge und die anschließende Party im Palmgarten beenden den Tag.


Über die Drake-Passage

Die gesamte nächste Woche werden wir uns nun im Bereich der Drake-Passage bewegen; jenes Gewässer,
vor dem die Seefahrer zu Zeiten der Windjammer noch regelrecht Angst hatten (der Name Windjammer kommt übrigens aus dem Englischen und lässt sich etwa mit Wind-Drängler übersetzen; er hat also nichts mit dem Jammern der Stürme zu tun!). Der nur 800 km breite Wasserstreifen zwischen Feuerland (Tierra del Fuego) und der Antarktischen Halbinsel gehört zu den sturmreichsten Gebieten der Erde. Das Meer ist hier drei bis fünf Kilometer tief und die überwiegenden Westwinde können daher zusammen mit den Strömungen zu ungeheuren Wellen führen. Deswegen ist die Umrundung von Kap Hoorn seit je her bei den Seeleuten gefürchtet.

"Vor der Öffnung des Panama-Kanals (1914) spielte die Drake Passage eine wichtige Rolle als Handelsweg.
Die stürmischen Gewässer machten den Weg um das Kap Hoorn allerdings zu einem Härtetest für Schiffe und Mannschaften, vor allem, solange Segel als Hauptantrieb dienten." [Logbuch MS HAMBURG] Erst die Entwick- lung von Motorschiffen und Stahlrümpfen ließen die Umrundung der südamerikanischen Landspitze weniger gefährlich werden.
"Obwohl die Drake Passage den Namen des berühmten englischen Seefahrers und Entdeckers Sir Francis Drake trägt, wurde sie 1616 von der flämischen Expedition von Willem Schouten erstmalig durchfahren. Sir Francis Drake segelte stattdessen weiter nördlich durch die Magellanstraße." [Logbuch MS HAMBURG]

Sir Francis Drake wurde etwa 1540 in Südwestengland geboren (genauer weiß man das nicht). Mit Zwölf begann er auf dem Ärmelkanal zur See zu fahren. Er lebte schon einige Jahre bei einem seiner Verwandten, W. Hawkins in Plymouth, welcher als Kaufmann und Teilzeitpirat zu Wohlstand gekommen war. Bei ihm lernte Drake also das Piratenhandwerk. Mit etwa 27 befehligte er ein eigenes Kaperschiff - seine Beute: Sklaven. Später entfachte Drake, gedeckt durch einen inoffiziellen Kaperbrief der englischen Königin Elisabeth I., einen Seekrieg gegen spanische und portugiesische Schiffe in der Karibik. Dabei segelte er ab 1577 als zweiter, nach Magellan, um die Welt.
Durch seine Taten bei der Bekämpfung der spanischen Armada (1588) gelangte er zu Ruhm und wurde dafür geadelt. Er galt nun als ehrbarer Handelskapitän, fiel aber bei Hofe für kurze Zeit in Ungnade. 1596 erkrankte der verheiratete, aber kinderlose Seefahrer auf einer letzten Kaperfahrt vor Panama an der Ruhr, an der er wenig später starb.

Dank positiver Wetterprognose können wir hoffen, dass die berüchtigte Drake Passage uns mit schwerem
Seegang verschont. Außerdem werden wir bei unserem nächsten Landgang antarktischen Boden betreten
- was ja schließlich Sinn der ganzen Unternehmung ist.


vorheriges Bild   vorheriges Bild                          Von Morgens bis Abends

ruhige See in der Drake-Passage               nächstes Bild    nächstes Bild

Mittwoch, 09.01.2013 - Seetag

Schon seit gestern Abend konnten wir am Horizont ein Schiff erkennen. Um 11 Uhr ist dann das britische Marineschiff "HMS Protector" längsseits (es fährt also parallel zu uns). Unsere Schiffe fahren langsam in der geringen Entfernung von 1 Seemeile aneinander vorbei. Dadurch sehen wir deutlich die englische Fahne und den auf dem Schornstein aufgemalten Pinguin. 2001 wurde die "HMS Protector" als klassischer Eisbrecher in Dienst gestellt und seit 2011 ist sie als Patrouillenschiff der britischen Marine in der Antarktis unterwegs. Der erste Hilfseinsatz als Marineschiff fand im Februar 2012 statt, als die brasilianische Station "Commandante Ferraz" abbrannte. Selbst die zusätzlich als Feuerwehr eingesetzten 23 Besatzungsmitglieder der "HMS Protector" konnten die völlige Zerstörung der Station nicht mehr verhindern. Zwei Brasilianer kamen bei dem Brand ums Leben. Die Marinepatrouille übernimmt also in diesen Gewässern auch nichtmilitärische Aufgaben.

Das Wetter zeigt sich uns in der Drake-Passage von seiner besten Seite. Bei geringem bis mäßigem Seegang begleiten uns erneut Albatrosse und andere Seevögel. Nach dem Vortrag über die "Vogelwelt auf unserer Expeditionsreise von Jan Naumann wissen wir dann Schwarzbrauenalbatrosse, Kapsturmvögel und Buntfußsturmschwalben zu unterscheiden.

"Die maximale Eisbedeckung wird im September erreicht. Einzelne Eisschollen driften gelegentlich bis zum Kap Hoorn. Die übergeordnete Strömung um den Kontinent Antarktis ist als Antarktischer Zirkumpolarstrom bekannt, dessen Transportrichtung von West nach Ost führt."
Diesen Sachverhalt erläutert uns unsere Lektorin Mareike Peterson in ihrem Vortrag über den "Zirkumpolar-
strom". Die Vorträge des Mittwochs werden durch Prof. Dr. Kleinschmidts Beitrag über Antarktische Geologie abgeschlossen.

Tatsächlich treiben mittlerweile einige kleinere Eisberge links und rechts unserer Route vorbei.
Die Abendunterhaltung wird diesmal vom Geigenspieler Lubos Hasan geliefert.
In der Nacht werden wir die Grenze zur Antarktis überschreiten.


vorheriges Bild   vorheriges Bild                  eher ein Eis-Hügel             

             Antarktis in Sicht                     nächstes Bild    nächstes Bild

Donnerstag, 10.01.2013 - Seetag

Endlich befinden wir uns wirklich in der Antarktis!
Na ja, zumindest deren Gewässer.

"Um 07:28 Uhr erreichen wir bei 60° 00,0'S und 057° 14,7'W gemäß ... das Gebiet der Antarktis. Bereits im
Laufe der Nacht, zwischen dem 57. und 58. Breitengrad, haben wir, mitten in der Drakestraße, die ozeano-
graphische Grenze zur Antarktis, die Antarktische Konvergenz, überschritten. Dabei handelt es sich um eine
etwa 50 bis 100 km breite Zone, in der das 1-2 °C kalte antarktische Wasser unter das 3-4 °C wärmere sub-
antarktische Oberflächenwasser absinkt und konvergiert. Diese Strömungsgrenze ist nicht ortsfest, umgibt die Antarktis aber nach allen Seiten." [Logbuch MS HAMBURG]

Eine Visite der Außendecks kann jetzt eine Flasche Sekt einbringen, denn die Sichtungsmeldung des ersten richtigen Eisbergs wird üblicherweise so belohnt. Der Eislotse Karl-Ulrich Lampe wird sich ab jetzt fast dauernd
auf der Brücke aufhalten. Der kalte Atem der Antarktis ist nun deutlich zu spüren.
Bis jetzt hatte das gute Wetter gehalten, aber über die glatte See breitet sich nun zunehmend Nebel; Folge der Temperaturdifferenz.


vorheriges Bild   vorheriges Bild           Eisberg voorauus!               

               Warschau! Eisberg!!           nächstes Bild    nächstes Bild
Auf Deck ist es beinkalt und so halten wir es nur kurz aus. Viel lieber ziehen wir uns in den Palmengarten zurück, denn der ist eindeutig gemütlicher.

Auch andere Reisende haben es vorgezogen hierher und in die Lounge zu flüchten. Oder sie hocken in ihren Kabinen um dort zu lesen, ein wenig zu dösen und was man sonst so tun kann - Hauptsache es ist kuschelig warm.


vorheriges Bild   vorheriges Bild    Boah, iis ddas kkkalt     nächstes Bild    nächstes Bild

vorheriges Bild   vorheriges Bild                                  Der Nebel ...       

    ... nebelt immer mehr                         nächstes Bild    nächstes Bild

vorheriges Bild   vorheriges Bild         Bar des gemütlichen Palmengartens

und dessen Kasino-Bereich                     nächstes Bild    nächstes Bild
Am späten Vormittag findet wieder ein Vortrag statt. Im Gegensatz zu den anderen Seminaren oder Vorlesungen, ist die Teilnahme an diesem Referat aber eine absolute Pflicht!
Der Expeditionsleiter Guido Kleffel berichtet über die Regeln bei Landgängen in der Antarktis. Die Einhaltung dieser Regeln werden von der Kontrollinstanz (IAATO) aller in der Antarktis aktiven Reiseveranstalter überwacht.
Mit diesen Verhaltensvorgaben soll unter anderem die Erosion der Fußwege vermindert, ein Niedertrampeln der Vegetation vermieden und Störungen der Wildtiere minimiert werden. Auch an Störung der Brutareale, Graffiti auf Denkmälern, Mitnahme von 'Andenken' oder den Ausbruch eines Feuers hat man bedacht. Zudem finden sich die Zerstörungen der Anlandungsbereiche durch Anker, Unfälle oder illegale Abfallentsorgung im umfangreichen Regelwerk. Schließlich werden Beschränkungen für die Touristenschiffe aufgelistet; Beispielsweise sind nur Schiffe unter 500 Passagieren zugelassen und es darf immer nur ein Schiff seine Reisenden auf Tour lassen.
Am Ende müssen wir mit unserer Unterschrift auf einem Formular bestätigen, dass wir das Kolleg verstanden haben und gewillt sind uns an die Vorgaben zu halten.
Alle in der Antarktis forschenden Nationen haben sich gemeinsam diese Regeln für Forscher und Besucher gegeben. Die Touristische Nutzung ist dabei ein eigenes Problemfeld. Einerseits haben sich die Besucherzahlen in den letzten 20 Jahren nahezu versechsfacht (heute rund 40 000), andererseits wird das eingebrachte Geld dringend gebraucht. Und obwohl Schiffspersonal und Tourführer sich voll und ganz mit den Schutzzielen identifizieren, kommt es doch zu "Vorfällen". Nicht einmal aus Unverständnis oder mit bösem Willen, sondern einfach wegen der Menge an Menschen. Beispielsweise sind die Tourwege manchmal sehr schmal, man weicht höflich einem Anderen aus und schon tritt man außerhalb des gekennzeichneten Weges in den Schnee - unter dem empfindliche Vegetation auf das kurze Frühjahr wartete. Oder die Pinguine laufen den Reisenden einfach zwischen die Füße - die Regeln sind für die Tiere bedeutungslos. Insgesamt ist Tourismus in dieser eisigen und empfindlichen Ökologie ein zweischneidiges Schwert. Wer hier arbeitet führt täglich einen regelrechten Spagat aus und wer hier lebt hat nochmal einen anderen Blickwinkel!

Die Süd-Shetland Inseln

Unser Schiff steuert stetig Kurs auf die Süd-Shetland Inseln.
Der Archipel besteht aus elf größeren und einigen klein-
eren Inseln und erstreckt sich rund 508 km in nordöst-
lich-südwestlicher Richtung.
Vom antarktischen Kontinent sind die überwiegend ver-
gletscherten Inseln durch eine 150 km breite Meeres-
straße, den Bransfield-Strait, getrennt. Da sie kontinent-
alen Ursprungs sind, befinden sich auf ihnen aktive und erloschene Vulkane; darunter Mount Irving (2.300 m) auf Clarence Island und Mount Foster (2.105 m) auf Smith Island. Zusammengenommen haben die Inseln eine Fläche von rund 4.700 km².
Die erste dokumentierte Sichtung geht auf den Engländer William Smith zurück, der bei der Kap Hoorn-Umfahrung vom Kurs abgekommen war und dabei die Livingston-Insel ausmachte. Da man ihm nicht glauben wollte, kehrte er im Oktober desselben Jahres zurück und betrat King George Island. Daraufhin fuhr er nach Großbritannien zurück und beanspruchte die Inselgruppe unter dem Namen New Shetland Islands für sein Heimatland.
1820 reiste Edward Bransfield, mit William Smith als Lotsen, zu den Inseln, um sie zu kartographieren und wissenschaftliche Arbeiten auszuführen. Er erkundete außerdem die umliegenden Gewässer und entdeckte dabei die Antarktis.
Erste permanente Bewohner der Süd-Shetland-Inseln gab es ab 1944.

Es folgen an diesem Nachmittag noch die Vorträge von Dr. Sven Riedel "Das Eis der Antarktis - ein glazio-
logischer Überblick" sowie von Lektor Jan Naumann über "Die Tierwelt der Antarktis: Wale, Robben und
andere Meerestiere".
                                                                                           Zu den Tierbestimmungskarten
"Passend zum Abschluss des Vortrages werden vermehrt Walsichtungen von der Brücke gemeldet.

Am späten Nachmittag sehen wir in einiger Entfernung die zwei kleinen Inseln 'Aspland Island' und 'O´Brien Island', welche wiederum Elephant-Island vorgelagert sind und bekommen so einen ersten Eindruck von dem, was uns in den nächsten Tagen erwartet. Selbst Elephant-Island können wir, etwas weiter Nord-Östlich gelegen erkennen. Majestätisch ragt der schneebedeckte Gipfel der Insel in den Himmel." [Logbuch MS HAMBURG]

Heute Abend haben wir die Wahl zwischen einem Dokumentar-Spielfilm über den Entdecker Sheckelton oder einer Lesung von Tucholsky und Ringelnatz.


Die See ist immer noch spiegelglatt, aber mit Treibeis bedeckt, als wir King George Island erreichen. Die Reiseplanung sieht nur einen kurzen Stopp vor, um dort den US-amerikanischen Wissenschaftler Wayne Travelpiece an der polnischen Ganzjahresstation Arctowski abzusetzen. Ein Zodiac der Polen geht in der Nacht (ca. 1 Uhr) von Donnerstag auf Freitag längsseits und Wayne kann über eine Strickleiter in das Schlauchboot mit Hartboden klettern. Er wird einen Monat lang auf der amerikanischen Station "Copacabana" das Seevögel-Beobachtungsprogramm fortsetzten.

Wir fahren weiter in die kalte Nacht. Diesmal mit Kurs auf Deception Island. Dort werden wir den ersten Landgang auf antarktischem Boden unternehmen.


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