Martina Mühlberger Martina Mühlbergers Homepage          

- kurze Geschichte der Krankenpflege -            

    Reiseberichte       Meissner Porzellan       • Krankenpflege •       Gemischtes
  Zurück  
   (Seite 7)
Die 'kleine' Krankenpflege ...            

Seite 8                   
  Weiter  
(Seite 9)   
 


VIII. Erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
            Weltkriege und Neuordnung



Als am Anfang des 20.Jhd. die Krankenpflege immer mehr ein sozialer Beruf wurde, dem
sich auch gebildete Frauen zuwandten, und der ihnen einen auskömmlichen Lebensunterhalt
gewähren sollte, wurden von verschiedenen Seiten Versuche unternommen die den freien Schwestern durch Zusammenschluss eine gewisse Sicherung zu geben suchten. In Berlin entstand schon vor dem Jahrhundertbeginn die Gemeinschaft der Viktoriaschwestern, die
aber sehr bald in die alte Form des Mutterhausverbandes zurückglitt.

In Hamburg (Eppendorf) und anderen großen Städten bildeten sich um einzelne Kranken-pflegeschulen freie Schwesternverbände, die sich eine gute Schwesternausbildung und wirtschaftliche Sicherstellung ihrer Mitglieder zur Aufgabe machten. Diese blieben auf
kleine Kreise beschränkt.
Auch eine ausgesprochen gewerkschaftliche Organisation von Pfleger und Pflegerinnen
wurde versucht (sowohl seitens "der freien Gewerkschaft" 1900, wie auch durch Gründung
einer christlichen Gewerkschaft "Deutscher Verband der Krankenpfleger und Kranken-pflegerinnen 1903").

Weit über den Rahmen all dieser tastenden Versuche geht die Gründung der "Berufsorganisa-
tion der Krankenpflegerinnen Deutschland" im Jahre 1903 durch Agnes Karl hinaus. Auf Grund eigener langjähriger schwerer Erfahrung im Krankenpflegeberuf machte sich Agnes Karl die Vertretung der Berufsinteressen, die Hebung des Ansehens und die wirtschaftliche und moralische Sicherung der freiberuflichen Krankenschwestern zur Lebensaufgabe. Außer-
dem trat die Organisation für eine gründliche Schwesternausbildung und Erteilung der staatlichen Anerkennung nach Ablegung einer Prüfung ein. Auch Fortbildungslehrgänge
richtete Agnes Karl bereits 1912 an der Hochschule für Frauen in Leipzig ein. Die Mitglieder
der Berufsorganisation waren völlig frei in der Wahl des Arbeitsfeldes und Arbeitgebers, in
der Verfügung über Gehalt und Lebensgestaltung. Sie zahlten lediglich einen Beitrag an die Organisation. Durch das Nazi Regime wurde die Berufsorganisation 1938 aufgehoben (siehe weiter unten), entstand aber nach 1945 wieder unter dem Namen "Agnes Karl-Verband".

Im katholischen Raum wurde 1905 der "Verband katholischer weltlicher Krankenschwestern
und Krankenpflegerinnen" gegründet. Sein Ziel war die berufliche Förderung seiner Mitglieder und die Vertretung ihrer Interessen in der Öffentlichkeit.
Neben diesem Verband entstanden in Laufe der Jahre noch andere Zusammenschlüsse freier katholischer Schwestern, die alle in etwa gleiche Wege und gleiche Ziele hatten.

Die Schwesternausbildung konnte nur durch gesetzliche Regelung einer Vereinheitlichung zugeführt werden. Diesbezüglichen staatlichen Vorschriften und Eingriffen standen aber
lange sehr starke Widerstände entgegen, die nur langsam und in verschiedenen Ländern
zu verschiedenen Zeiten überwunden wurden. Preußen traf im Jahre 1907 eine vorläufige Regelung, die Ausbildung und Prüfung derjenigen Krankenpflegepersonen betraf, welche die "Anerkennung als staatlich geprüfte Pflegepersonen" erwerben wollten. Es war zunächst eine einjährige Ausbildung mit Abschlussprüfung vorgesehen.
Nach mehr oder minder langem Zögern folgten auch andere deutsche Länder diesem Beispiel. Einige wesentliche Punkte ihrer Erlasse, Richtlinien und Vorschriften stimmten zwar überein, aber es blieben doch beträchtliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern. Nur die Ausbildung zur Säuglings- und Kleinkinderschwester wurde seit dem 01. Oktober 1930 reichseinheitlich geregelt.
Das "Gesetz über die Arbeitszeit in den Krankenanstalten" vom 13.02.1924 traf eine für ganz Deutschland geltende Regelung und half der soviel beklagten Überlastung der Schwestern gewisse Grenzen zu setzen. Schwesterntitel und Schwesterntracht waren durch das Reichs-gesetz "zum Schutz der Berufstracht vom 07.09.1915" dem Missbrauch weithin entzogen.

Die Fortbildung der Schwestern wurde äußerst dringlich, weil die Fortschritte auf medizinischem Gebiet sich in immer rascheren Tempo folgten.
Schon 1912 hatte Agnes Karl Fortbildungslehrgänge an der Hochschule für Frauen in Leipzig eingerichtet.
Das DRK gründete 1927 die Werner-Schule - damals in Berlin-Lankwitz - jetzt in Göttingen.
1932 entstand das Deutsche Caritasinstitut für Gesundheitsfürsorge, damals in Köln-Hohenlind, eine Ausbildungsstätte größeren Umfangs, für die vielfältig differenzierte, pflegerische Aus- und Fortbildung.
1946 erfolgte die Gründung der Schwesternhochschule der Diakonie in Berlin Zehlendorf.

Alle diese Fortbildungsstätten verfolgen seither ein doppeltes Ziel und wählen diesen zwei Zielen entsprechend zwei verschiedene Wege:
- Kurze Kurse dienen der Auffrischung der Kenntnisse, der Weiterbildung
   und der berufsethischen Vertiefung.
- Kurse von längerer Dauer sollen Schwestern für lehrende und leitende Aufgaben heranbilden.



Nun hätte man glauben dürfen, dass endlich ein Fundament für ein ruhiges und zielbewusstes Weiterbauen geschaffen sei.

Doch schon nach wenigen Jahren stand die Krankenpflege in Deutschland wieder vor einer neuen Gefährdung. Das Totalitäre System der Nazis versuchte durch "Gleichschaltung" auch
das gesamte Gesundheitswesen umzugestalten. Behördliche Maßnahmen die der Förderung
der Gesundheit und der Verhütung von Schäden dienen sollten, wurden jetzt vielfach zu Bevölkerungs- und Rassenpolitischen Zwecken missbraucht.
Unter dem Druck der Nazis gingen 1937 diese alle ein in die "Reichsgemeinschaft freier Caritasschwestern". Im Grunde waren es vier wichtige Fragen deren Lösung in allen
Gruppen von Krankenschwestern angestrebt wurden:

1. Gute Schwesternausbildung
2. Schwesternfortbildung
3. Berufsethische Hebung der Schwestern
4. Wirtschaftliche Sicherstellung


Das "Gesetz zur Ordnung der Krankenpflege" vom 28. September 1938 führte zu einer straffen Lenkung seitens des Staates. Die Bestrebungen gingen dahin, möglichst alle Schwestern in einer einzigen politisch und weltanschaulich festgelegten Organisation zu erfassen. Die zahl-
reich bestehenden Schwesternverbände wurden aufgelöst. Es verblieben nur fünf, später zwei, Schwesternorganisationen, die im "Fachausschuss für Schwesternwesen" vertreten waren:

1. Die NS-Schwesternschaft
2. Der Reichsbund der freien Schwestern und Pflegerinnen
3. Das Rote Kreuz
4. Die Diakoniegemeinschaft: eingegliedert der Inneren Mission.
     Sie umfasste die Diakonissen Mutterhäuser und den Diakonieverein
5. Der Caritasverband, der die Ordensgenossenschaften und die 1937
     entstandene Reichsgemeinschaft freier Caritasschwestern umschloss.




Die Entwicklung nach dem 2. Weltkrieg:

Eine Neuordnung des gesamten deutschen Schwesternwesens wurde seit 1948 in Angriff genommen und kam 1951 zu einem gewissen Abschluss. Zum Schwesternwesen gehören
alle staatlich geprüften Kranken- und Kinderkrankenschwestern und alle einem Mutterhaus zugehörigen Schwestern.

Schon im Jahre 1904 wurde eine übernationale Zusammenfassung der Schwesternverbände angebahnt. Es entstand der Weltbund der Krankenschwestern. Deutschland fand bereits beim
1. ordentlichen Kongress des Weltbundes in Berlin 1904 den Anschluss an diese internationale Vereinigung. Nach dem 2. Weltkrieg fand es 1942 beim Kongress in Stockholm den durch den Krieg unterbrochenen Anschluss wieder.

Nach 1945 suchte man in Deutschland trotz der Notlage sehr bald nach Ansatzpunkten
für eine planmäßige und zielstrebige Aufbauarbeit im Krankenpflegewesen.

Die Ausbildung in der Krankenpflege wurde durch das neue Krankengesetz (1957) für die Bundesrepublik geregelt und die Ausbildungszeit auf 3 Jahre festgelegt. Die Fortbildung der Kranken- und Lehrschwestern an Krankenpflegeschulen wurde in Arbeitsgemeinschaften und Tagungen eifrig gefördert.

Im Jahre 1947 bildete sich die "Reichsgemeinschaft freier Caritasschwestern" zu einer Schwesternschaft. Da aber viele Schwestern heute die Bindung in einer Schwesternschaft (Satzungen, Oberinnen, Tracht) ablehnen, verengte sich der Mitgliederkreis der Caritas- schwestern beträchtlich. Um nun all die freien Schwestern die sich zu einer katholischen Berufsauffassung bekennen (ohne enge Bindung) zu sammeln, wurde im November 1959
in Würzburg der "Freie katholische Berufsverband für Krankenpflege" gegründet.




Seit 1966 gehören dem Weltbund die nationalen Schwesternverbände von 46 verschiedenen Ländern an.