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- kurze Geschichte der Krankenpflege -            

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Die 'kleine' Krankenpflege ...            

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IV. Das Mittelalter vom 12. Jahrhundert bis zu seinem Ausgang
        Kreuzfahrer und Mönchsorden; Genossenschaften und Verbände

        Entstehung krankenpflegender Orden und Genossenschaften
        a. Ritterorden
        b. Krankenpflegende Genossenschaften und weltliche Verbände

IV.a Ritterorden

Von der frühchristlichen Zeit an bis zu den Kreuzzügen sind Christen aus allen Ländern nach Jerusalem gepilgert. Dadurch entsprang die Errichtung von Xenodochien in dieser Stadt einem dringenden Bedürfnis. Bei den mühseligen und gefahrvollen Reisen der damaligen Zeit wurde mit mit der Beherbergung der Pilger oft auch Krankenbetreuung notwendig.


IV.a.1 Die Johanniter

Nach der Einnahme Jerusalems durch die Kreuzfahrer 1099 wurde eines der bestehenden Xenodochien, zur Unterkunft kranker und verwundeter Kreuzfahrer und dadurch die Wiege
des Johanniterordens. Die Kreuzritter selbst übernahmen zunächst die Pflege. Neben diesem Johannishospital entstand fast gleichzeitig für Pilgerinnen ein Hospital der heiligen Maria-Magdalena, aus dem der weibliche Zweig des Johanniterordens hervorging. Diese Frauen verpflichteten sich ausdrücklich zur Krankenpflege im Hospitaldienst.
Der männlich Zweig des Ordens bildete sich später, und gliedert sich in:
Ritter  ............................
Presbyter  ......................
Kappen oder  ..................
Fratres servientes
Verteidigung der Heiligen Städte
die geistliche Funktionen z.B. Almosenspendung besorgten
für den Spitalsdienst
Die präzise Spitalordnung der Johanniter sicherte eine gute ärztliche und pflegerische Betreuung der Kranken, ständige Überwachung der Arzneibereitung, der Küche, der
Hygiene und Sauberkeit des Hauses, und eine über die Krankenversorgung hinaus-
gehende, großzügige Wohltätigkeit.
Das Hospital in Jerusalem konnte 2000 Kranke aufnehmen. Jede Ordensniederlassung der Johanniter hatte ein, ihrer Größe entsprechendes Hospital. Die Mittel flossen dem Orden aus den zahlreichen Schenkungen von Päpsten und Klerus, vom Fürsten und Adel und vom gläubigem Volke zu, ferner aus Landbesitz in Palästina, in Syrien und allen europäischen Ländern.
Die Statuten des Johanniterordens wurden Vorbild für viele spätere Krankenpflegeorden.
Der Geist des Dienens war tief christlich, die Kranken und Armen wurden als die Herren, die Ordensmitglieder als ihre Diener angesehen.

Natürlich hat es auch im Johanniterorden Zeiten der Blüte und Zeiten des Niederganges gegeben, sowohl in geschichtlicher Entwicklung, wie hinsichtlich des Ordensgeistes.
Als der 'Halbmond' 1187 Jerusalem und das Heilige Land zurückeroberte, fand der Johanniterorden Zuflucht auf der Insel Cypern, dann auf der Insel Rhodos und
schließlich auf Malta. Von da ab gebrauchte man auch die Bezeichnung Malteserorden.

Neben den karitativen Aufgaben übernahm der Orden in diesen Jahrhunderten
den Schutz des Mittelmeeres und seiner Küsten gegen sarazenische Seeräuber.

In der Neuzeit besteht ein katholischer Zweig (Malteser) und ein evangelischer Zweig (Johanniter) des Ordens, die sich beide ähnlichen Aufgaben widmen wie das Rote Kreuz: Krankenpflege, Ausbildung in 1.Hilfe, Einsatz bei Katastrophen.


IV.a.2 Die Deutschritter

Auch der Deutschritterorden suchte ritterliche Lebensart und mönchische Ideale zu verbinden und entstand ebenfalls in Jerusalem im 12. Jhd. Er hatte etwa die gleichen Aufgaben und die gleiche Gruppengliederung wie die Johanniterorden, dazu aber eine betont nationale Note.
Für das Krankenhauswesen wurde er von Papst Zölestin III. ausdrücklich zur Übernahme der Regeln des Johanniterordens verpflichtet. Auch der Deutsche Orden hatte einen weiblichen Zweig, der Jahrhunderte hindurch in Deutschland und Österreich für die Krankenpflege von Bedeutung blieb.

Nachdem die Sarazenen das Heilige Land zurückerobert hatten, verlegte der Deutschritterorden seinen Sitz nach Venedig und später nach Marienburg (Ostpreußen).
In Preußen und darüber hinaus schuf der Deutsche Orden einen blühenden Staat, der für die Missionierung dieser Gebiete große Bedeutung hatte. Zugleich unterhielt er zahlreiche muster- hafte, und zum Teil sehr große, Spitäler  - Elisabethenspital in Nürnberg, Heilig-Geist-Spital in Elbing -  in denen die Ordensmitglieder und dem Orden angeschlossene Laien beiderlei Geschlechts Armen- und Krankenpflege übten. Das Land war mit Spitälern übersät.

Durch Kriege und Reformation verlor der Orden immer mehr seinen ursprünglichen Charakter, führt aber jetzt, einschließlich des weiblichen Zweiges, wieder Krankenpflege und caritative Arbeit aus.


IV.a.3 Die Hospitäler vom heiligen Lazarus

Ein dritter, im 12. Jhd. entstandener Ritterorden waren die 'Hospitäler vom heiligen Lazarus', oder die Lazariten.
Sie verbanden ein Leben nach dem Regeln des Augustinus mit ritterlichen Bräuchen, und lehnten ihre Ordensstatuten ebenfalls an die der Johanniter an. Der weibliche Zweig des Ordens waren die Lazarusschwestern. Als Arbeitsfeld wählten sie die Betreuung der Aussätzigen und nahmen auch Aussätzige in ihre Orden auf.

Im 13. und 14.Jhd. wirkten sie in der Aussätzigenpflege in Frankreich, Italien, Spanien, Ungarn und Deutschland. Durch die Kreuzzüge war die Lepra in Europa stark verbreitet worden. Mitte des 13.Jhd. soll es in den europäischen Ländern etwa 19.000 Leproserien (großer Herde-Aus-satz) gegeben haben. Gegen Ende des 15.Jhd. war man der Seuche soweit Herr geworden,
dass Papst Inozenz VIII den Lazariterorden im Jahre 1490 aufhob.





IV.b Krankenpflegende Genossenschaften und weltliche Verbände

Neben dem ritterlichen Stand trat im 12.Jhd. immer mehr das Bürgertum hervor.
Der durch die Kreuzzüge angebahnte Handel mit den Ländern um das Mittelmeer-
becken hatte den Städtern beachtlichen Reichtum zugeführt. Aber auch zu den
geistigen Werten fand das Bürgertum immer mehr Zugang und kam im 13.Jhd.
zu einer selbständigen Gestaltung und Verwaltung seiner Angelegenheiten.

Die Sorge für Arme, Alte, Waisen und Kranke unterstand zwar noch der Aufsicht
der Kirche, aber es war doch der Initiative der Stadtverwaltungen, der Zünfte,
der Bruderschaften und sonstiger frommer Verbänden viel Spielraum gelassen.
Aus einem dringenden Bedürfnis entstanden nun klösterliche Gemeinschaften
und freie religiöse Vereinigungen, die Krankenpflege zu ihrer Hauptaufgabe wählten.



IV.b.1 Augustinerinnen

Die älteste derartige Genossenschaft ist die der 'Augustinerinnen vom Hotel Dieu' in
Paris und Lyon. Sie war entstanden in einem seit dem 7.Jhd. als unbedeutendes Xeno-
dochium bestehendem, später als 'Hotel Dieu' berühmt gewordenes Krankenhaus.
Ihre strenge Lebensweise lehnte sich noch sehr an die alten Orden an. Dazu waren die Schwestern mit Arbeit überlastet. Sie besorgten die Pflege auf den Frauenabteilungen,
die gesamte Wäsche, die Kirche und die Hauswirtschaft. Die erhalten gebliebene Geschichte
des Hotel Dieu gibt einen guten Einblick in die Verwaltung eines mittelalterlichen Hospitals.

Die Handhabungen der Krankenpflege wurden durch einfaches Anlernen übermittelt. Die tief religiös verankerte geistige Haltung der Schwestern führte sie in der Arbeit bis zur Selbst-
aufopferung; auch noch, als in späteren Zeiten in vielen Krankenhäusern ein deutlicher Verfall der Krankenpflege eingetreten war.


Durch die starke und rasche Verbreitung des Zisterzienser-Ordens im 12. Jhd. und das Wirken der Bettelorden (Franziskaner u. Dominikaner) im 13. Jhd. hatte das religiöse Leben starken Auftrieb erhalten. Sehr viele ernste Christen aller Stände schlossen sich dem Dritten Orden des heiligen Franziskus oder Dominikus an. Sie konnten in ihren häuslichen Verhältnissen bleiben, konnten aber auch in Gemeinschaften zusammenleben. Viele machten sich Armen-, Kranken- und Aussätzigenpflege zur Pflicht. Hier begegnen wir Persönlichkeiten wie der heiligen Elisabeth von Thüringen und dem heiligen Ludwig von Frankreich im Franziskanischen Bereich und der heiligen Katharina von Siezo im dominikanischen Bereich. Große Stiftungen und fromme Schenkungen waren häufig. Aber viele gingen noch weiter und stellten sich ganz in den Dienst am leidenden Nächsten.
So bildeten sich freiere, religiös geprägte Gemeinschaften, welche die Krankenpflege zu ihrer Hauptaufgabe wählten.


IV.b.2 Terziarinnen

Aus den Reihen der Terzzarinnen sind bis in unsere Zeit immer wieder neue,
krankenpflegende Genossenschaften hervorgegangen.


IV.b.3 Celliten und Allitinnen

Auch die in Brabant entstandenen Celliten und Allitinnen, ursprünglich für die Pflege Pestkranker, arbeiten heute noch in der Pflege Kranker und geistig Behinderter.


IV.b.4 Der Orden vom Heiligen Geist

Sehr weite Verbreitung hatte im 13. und 14. Jhd. in fast allen europäischen Ländern der Orden vom Heiligen Geist (männlicher und weiblicher Zweig). Er wurde 1198 von Guy de Montpellier (Montpellier hatte eine berühmte medizinische Schule, die viel Kranke anzog) als Laien-genosschenschaft gegründet. In Rom übertrug Papst Inozens III diesem Orden die Pflege
in den großen neuen Hospitälern vom Heiligen Geist.

Die Niederlassungen und Krankenhäuser dieses Ordens wurden sehr zahlreich, doch darf
man nicht jedes Heilig-Geist Spital, es gab diese in Deutschland in jeder größeren Stadt,
als Gründung des Ordens ansehen. Es waren teilweise Spitäler, die von einer gleichnamigen Bruderschaft erstellt waren. Dazu kamen mehr und mehr auch Bürgerhospitäler der auf- blühenden Städte, und Spitäler die von Zünften und Gilden für ihre Mitglieder errichtet wurden. Sie alle trugen häufig den Namen Heilig-Geist Spital. Denn in allen Ländern und Volksschichten war die tiefgläubige Erkenntnis lebendig, dass in Werken der Caritas alles menschliche Mühen wenig gründet, wenn es nicht getragen ist von der göttlichen Liebe, eben vom Heiligen Geist.
Alle diese Spitäler bestanden aus großen Sälen, die so angelegt waren, dass die Kranken an
der Feier der Heiligen Messe teilnehmen konnten. Der Segensstrom ging vom Altar zu den
Hilfebedürftigen und von den Leidenden als Opferstrom zum Altar um in das Opfer Christi aufgenommen zu werden.

Meffert schreibt zusammenfassend über die Krankenpflegeorden des Heiligen Geist:
"Den Ruhm darf der Orden in Anspruch nehmen, dass er in den zwei Jahrhunderten seiner Blütezeit   eine unermessliche Fülle von Segen der europäischen Menschheit gebracht hat, indem, was seine   Mitglieder unmittelbar in der Bekämpfung menschlichen Elends getan haben, wie nicht minder
  durch die Erweckung gleichartiger Caritas-Gesinnung in den Herzen von Frauen; den Frauen, die
  in dem nächsten Jahrhundert in den Heilig Geistspitälern den Krankendienst aufgenommen haben."


IV.b.5 Die Beginen

Eine wichtige Rolle spielten in der Krankenpflege des 13. und 14.Jhd. auch noch die Beginen (auch Beghinen; religiöse Genossenschaft von Witwen und Jungfrauen ohne ewiges Gelübde und Klausur), die vom Anfang des 13. Jahrhunderts ab sich sehr rasch ausbreiteten und bald zu vielen Tausenden in Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland lebten. Ihr Ursprung ist dunkel, denn weder ein Zusammenhang mit der heiligen Begga, noch mit Lambert Legùe ist haltbar. Wahrscheinlich erforderte ein damals sehr beträchtlicher Frauenüberschuss eine sozialwirtschaftlich Organisation der Selbsthilfe, die bei der starken religiösen Bewegung dieser Zeit die Form der Beginenkonvente annahmen, da die bestehenden Klöster die vielen Kandidatinnen nicht aufnehmen konnten. Somit suchten diese Frauen in den zahlreichen Beginenkonventen einen Ersatz für das Klosterleben.

Sie lebten sehr bescheiden und fromm und gelobten für die Zeit ihrer Zugehörigkeit zum Beginenhof Keuschheit und Gehorsam. Sie arbeiteten in den Bereichen Erziehung, Handarbeit, Armen-, Waisen- und Krankenpflege. Die großen Beginenhöfe hatten meist eigene Spitäler. Mitglieder kleinerer Gemeinschaften arbeiteten in Spitälern anderer Orden oder der Städte.
Hier hören wir auch erstmals von stärkerer Beteiligung in der Hauspflege / ambulanten Krankenpflege. Als gegen Ende des 15.Jahrhunderts die religiösen Einstellung verflachte
und damit der Idealismus abnahm verfielen gerade die Beginenkonvente, die ja weltliche Institute waren, besonders rasch und gingen an der Wende des Mittelalters unter.
Nur wenige hielten sich und bestanden bis in die Neuzeit fort; andere schlossen sich bestehenden Ordensgemeinschaften an.
Für die Krankenpflege entstand auf jeden Fall ein großer Verlust,
denn dieser hatten die Beginen unschätzbare Dienste geleistet.



Als Pflegepersonen hatten die damaligen Spitälern eine uns heute sehr begrenzt
erscheinende Anzahl von Brüdern und Schwestern. Diese legten die drei Gelübde
ab und lebten die vita communis. Sie wurden unterstützt von Mitgliedern der
Bruderschaft, oder eines dritten Ordens, oder sonstigen Hilfskräften.
Obgleich im 13. und 14. Jhd. schon bedeutende medizinische Schulen bestanden,
finden wir nirgends eine Angabe über Ausbildung des Pflegepersonals. Man wuchs
vom Anlernling nach und nach in die Arbeit hinein. Opferwilligkeit und tiefe Ehrfurcht
vor dem Kranken, die aus den Statuten vieler mittelalterlichen Spitälern spricht, über-
brückte gewiss manche Lücken in der Ausbildung.


Ritter- und Bürgertum prägten in dem Jahrhundert von Kreuzzügen bis zur Reformation
das öffentliche Leben in den europäischen Ländern; und beide waren von starken religiösen Triebkräften erfüllt, die sich in Werken christlicher Liebestätigkeit auswirkten. Man bemühte sich, dem ganzen Menschen zu dienen. Zunächst dem Seelenheil aber auch nach Möglichkeit
der körperlichen Erholung und/oder der Erleichterung.