III. Frühchristliche Epoche und die Zeit bis zu den Kreuzzügen
Byzanz und Fränkisches Reich
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Das Urchristentum, das noch glühend war im Glauben und in der Liebe, schuf ein ganz neues Verhältnis
zum Mitmenschen. An die Stelle von wirtschaftlichen oder sonstigen egoistischen Interessen oder
auch der reinen Humanität, trat die persönliche Begegnung mit dem Herrn und der Wille zu liebendem
Dienst. Dem Bedürftigen, dem Fremdling und Pilger, dem Gefangenen und Kranken diente man nicht wie
Christus, sondern im lebendigen Glauben sah man in ihnen wirklich Christus den Herrn selbst. Die
Worte und Lehren des Neuen Testamentes wurden in ihrer vollen Realität angenommen.
Das Neue Testament und die frühchristlichen Schriften berichten von Diakonen und Diakonissen,
Diener und Dienerinnen in den Urgemeinden, über deren Tätigkeit wir aber nur wenig unter-
richtet sind. Wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir annehmen, dass sie sich außer dem Gebet
und Hilfeleistungen beim Gottesdienst, nach den jeweiligen Bedürfnissen der Gemeinde, den
verschiedensten Werken geistlicher und leiblicher Barmherzigkeit widmeten.
Nach dem die christliche Religion durch das Toleranzedikt des Kaiser Konstantin (das Mailänder Edikt)
im Februar 313 Gleichberechtigung neben den übrigen Religionen im römischen Staate erhalten hatte,
konnte sich die christliche Liebestätigkeit freier entfalten.
Seit jener Zeit können wir genauer die fortlaufende Geschichte der Krankenpflege verfolgen.
Kaiser Konstantin (306-337) und etwa gleichzeitige Synodalverordnungen, verpflichteten
die Bischöfe, für die Betreuung der Kranken Sorge zu tragen. In Rom (die Frauen um Hieronymus),
wie in Byzanz, und überall wo christliche Gemeinden entstanden, widmeten sich Männer und Frauen,
in hingebendem Dienst dem Kranken.
Die Xenodochien (gr.Mz.; Siechenheime und Obdachlosenasyle; neben den eigentlichen Krankenhäusern,
den Nosokomien) waren wohl zunächst Herbergen in denen aber nicht
nur Fremde und Pilger Aufnahme fanden, sondern alle Elenden, Hilfsbedürftigen, Kinder,
Greise und Kranke. Solche Asyle entstanden nach der Beendigung der Christenverfolgung
rasch in großer Zahl. Aus einem im Jahre 361 geschriebenen Brief des Kaisers Julian Apostata
(abtrünnig) lässt sich entnehmen, dass damals schon in allen Städten Xenodochien bestanden.
Die Weiterentwicklung zu Nosokomien, erfolgte im östlichen Teil des Römischen Reiches früher
als im westlichen. Doch auch in Rom entstanden schon im 4. und 5. Jahrhundert große Kranken-
häuser. Männer und Frauen aus den vornehmsten Familien Roms und Byzanz gaben dafür nicht nur die
Mittel, sondern stellten sich persönlich als Pfleger und Pflegerinnen in den Dienst der Liebe.
Das wird uns ausdrücklich berichtet von der oströmischen Kaiserin Placilla, Gemahlin Theodosius
des I. (379-95) und Kaiserin Pulcheria, Gemahlin des Kaisers Marcian (5.Jhd.).
Von besonderen Häusern für Aussätzige wird ebenfalls bereits im 4.Jhd. berichtet
(Basilius der Große in Caesarea und Kapadozien).
Als die christliche Religion im römischen Kaiserreich Staatsreligion geworden war, wuchsen
die christlichen Gemeinden zahlenmäßig rasch, aber das sittliche und religiöse Niveau sank.
Das veranlasste viele ernststrebige Christen ein Leben in der Einsamkeit
der Wüste oder, vom 6.Jhd. ab immer häufiger, in einem Kloster zu führen. Am Anschluss
an die Klostergründung St. Benedicts entstanden vom Ende des 6.Jhd. ab im Abendland sehr
zahlreiche klösterliche Niederlassungen für Mönche und Nonnen. Diese waren häufig im weiten
Umkreis bekannte Stätten christlicher Liebestätigkeit und Krankenpflege. Wir wissen von großen
Klosterkrankenhäusern der Abteien St. Gallen, Reichenau, Poitier (Radegunde 6.Jhd.),
Cluny (mehrere Krankenhäuser), Hirsau, Bingen (hl. Hildegard v. Bingen 12.Jhd.), und
vieler Zisterzienser-Klöster. Aber nur ganz wenige sind uns mit Namen überliefert,
obwohl jedes größere Kloster eine Zufluchtstätte der Kranken gewesen ist.
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Die Abtei St. Lorenz in Lüttich unterhielt drei, später sogar vier Xenodochien.
"Aufnahme und Pflege der Kranken gewährten die Klöster unentgeltlich.
Behandlungen und Arzneien verschrieb man nach dem Stande der damaligen
empirischen Medizin, lernte aber ständig aus den Erfahrungen und notierte
sorgfältig die Ergebnisse".
[Geschichte des Benediktinerordens von Dr. Ph. Schmits.]
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Der selige Mainrat (11.Jhd.), Abt des Klosters Sassovivo in Mittelitalien, übte persönlich
die Krankenpflege in mehreren von ihm errichteten Krankenhäusern aus.
Papst Gregor der Große verlangte, das zu Leitern der Xenodochien nur Mönche oder Nonnen gewählt
werden sollten.
Im Fränkischen Reich bemühte sich Karl der Große in Zusammenarbeit mit den Bischöfen und Klöstern,
nach der Merowingischen Misswirtschaft, möglichst viele Xenodochien wieder herzustellen oder neu
zu gründen.
Aus den geschichtlichen Aufzeichnungen und den Verzeichnissen der Klostehbibliotheken geht
klar hervor, dass Heil- und Arzneikunde (Heilkräutergarten) in den Klöstern eifrig gepflegt wurden.
Am bekanntesten sind wohl der Einfluss und die aktive Teilnahme des Klosters Monte Casino, am
Aufschwung der medizinischen Schule von Salerno und die naturwissenschaftlichen und medizinischen
Schriften der Heiligen Hildegard von Bingen.
Auch im oströmischen Reich entwickelte sich die Krankenfürsorge weiter. Über ein im 12.Jhd.
entstandenes Krankenhaus des Pantokrater Klosters sind wir genauestens unterrichtet. Es war
vorbildlich eingerichtet und wurde von zahlreichen Ärzten und Unterärzten, auch einer Ärztin
für die Frauenabteilung, Wärtern und Wärterinnen versorgt.
Während von einer Ausbildung der Ärzte berichtet wird, fehlt beim Pflegepersonal jede Angabe darüber.
Jedoch nicht nur im christlichen Bereich entstanden im 9.-12.Jhd. gute Krankenhäuser, sondern
wir wissen auch von vorbildlichen mohammedanischen Krankenhäusern in Bagdad und Kairo.
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